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Das Image der greisenhaften Pensionisten gehört längst der Vergangenheit an, „Silver ager“ sind heute eine wertvolle Wissensquelle für jüngere Mitarbeiter
Zuverdienst. Teilzeitbeschäftigung für Pensionisten ist im Kommen, und das ist unter mehreren Gesichtspunkten äußerst sinnvoll
Der Pensionsantritt: Für die einen ist er heiß ersehnt, für andere kommt er zu früh. Denn etliche Pensionisten sehen sich in der Lage, weiterhin in Beschäftigung zu bleiben – vielleicht nicht Vollzeit, aber auf flexibler Basis für einige Wochenstunden. Das betrifft ältere Fachkräfte unterschiedlicher Branchen, vom Tourismus über den Handel bis hin zur IT. Dass in all diesen Bereichen gerade ein immenser Fachkräftemangel herrscht, befeuert die Diskussion über die weiterführende Beschäftigung pensionierter Personen noch mehr.
Doch längeres Arbeiten muss sich für ältere Menschen in jeder Hinsicht bezahlt machen, denn je nach Art der Pension gelten unterschiedliche Regeln für den Zuverdienst. Ist man nicht in regulärer Alterspension sondern in Früh-, Korridor- oder Invaliditätspension oder nimmt die Hacklerregelung in Anspruch, gelten strenge Zuverdienstgrenze.
Doch Geld ist nicht der einzige Grund für eine weitere berufliche Tätigkeit: Wie eine aktuelle Deloitte-Studie zeigt (siehe „Fakten“), sprechen für Pensionisten neben dem Zuverdienst auch soziale Gründe für die Weiterbeschäftigung.
Arbeitswelt im Wandel
Ein Baustein, um Fachkräftemangel in der Arbeitswelt kurzfristig zu reduzieren, könnte die Bereitschaft von älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bzw. Regelpensionistinnen und -pensionisten sein, flexibel für einige Jahre weiter den Organisationen zur Verfügung zu stehen, um Erfahrung, Wissen und Zuverlässigkeit gezielt einzubringen,“ findet Organisationsberaterin Gabriele Höller. Zudem erfahren ältere Mitarbeiter besondere Wertschätzung, denn im Mentoring und Onboarding mit jungen Angestellten sind Erfahrung und Geduld gefragt. „Den langjährigen Erfahrungsschatz und Wissen an Nachwuchskräfte weiterzugeben, sichert intern wertvolle Ressourcen und die wechselseitige Anerkennung und Wertschätzung zwischen den Generationen stärkt das Image des Unternehmens“, so die Expertin.
Um diese Veränderung des Arbeitsmarktes anzuregen, braucht es auch die Bereitschaft der Arbeitgeber. diese müssten flexible Modelle und Einsatzbereiche für ältere Mitarbeiter schaffen. Im Gegenzug ist es auch unumgänglich, sich als „pensionierter“ Mitarbeiter stetig weiterzubilden und auf dem branchenspezifisch neuesten Stand zu bleiben.
Wermutstropfen Steuer
Im Gegensatz zu den Vorteilen der geistigen Fitness und der Wertschätzung im Unternehmen ist das Arbeiten nach der Pensionierung finanziell nur bis zu einer gewissen Grenze rentabel. Um dieses System für Pensionisten attraktiver zu gestalten, wären steuerliche Reformen vonnöten, wie Stefan Taglieber, Geschäftsführer der Steuerberatung Astoria, erklärt: „Jegliche Art von Entlastungen des Faktors Arbeit, etwa reduzierte Sonder-Steuersätze oder gar keine bzw. viel geringere Lohnnebenkosten wären aus Sicht der Dienstgeber hilfreich.“ Der Steuerberater weist darauf hin, dass es sich zwar auszahlt, weiterhin zu arbeiten, weil es einen gewissen Mehrverdienst bringt – ob der eher geringe Zugewinn den betreffenden Pensionisten dann jedoch die Einbußen hinsichtlich der Freizeit wert ist, bleibt für Taglieber fraglich: „Aus meiner Sicht lohnt es sich, als Pensionist weiterhin zu arbeiten, weil jemandem, der fleißig ist, in Österreich ja – je nach sonstigen zusätzlichen Kapital- oder Vermietungseinkünften – trotzdem „nur“ maximal 45 bis 50 Prozent vom zusätzlichen Einkommen an Beiträgen und Steuern staatlicherseits weggenommen wird. Von jedem zusätzlich verdienten Euro habe ich 0,5 bis 0,55 Cent mehr in der Tasche. Als Entgelt für den Verlust an Freizeit muss es Spaß machen und sich (Lebens)sinnerfüllend anfühlen.“
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Gegen Altersarmut
Gerade Frauen sind von dieser Thematik betroffen, denn bei ihnen ist die Gefahr der Altersarmut besonders hoch. Gabriele Höller führt gemeinsam mit ihrer Kollegin und Wissenschaftlerin Ingrid Rosian aktuell eine Studie durch, die sich mit den „Erwartungen von Frauen der Generation Babyboomer (1955-1968 Geborene) an bezahlten Tätigkeiten in der nachberuflichen Phase“ beschäftigt. „Ziel der Studie ist es den Fragen nachzugehen, ob und unter welchen Rahmenbedingungen sich Frauen dieser Generation vorstellen können, einer Erwerbsarbeit in der Regelpension nachzugehen“, so Höller. Durch den Zuverdienst zu der häufig geringen Alterspension könnten sich Frauen leichter finanziell absichern. Eine Veränderung des Mindsets von Organisationen und Öffentlichkeit sowie die Anpassung politischer Rahmenbedingungen wären vonnöten, damit dies verstärkt in Anspruch genommen wird.
Das Wiener Start-up Vollpension ist ein gutes Beispiel, wie es funktionieren kann: An fünf Standorten zaubern pensionierte Omas und Opas Mehlspeisen, Torten und Co, die Backkünste werden mittlerweile auch online von den Senioren in „OMAsterclasses“ vermittelt. Ein Best-Practice-Beispiel, das zeigt, das von Projekten wie diesem nicht nur Omas und Opas profitieren, sondern auch die Allgemeinheit.
- Gerrit Gubo