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Studien belegen: Fortbildungen, Kinderbetreuung und mehr Work-Life-Balance sind für viele Menschen im Arbeitsalltag relevanter als Aufstiegschancen und ein hohes Gehalt
Employer Branding. Von Yoga bis zu Gewinnspielen – immer mehr Unternehmen setzen auf ausgefallene Mitarbeiter-Benefits
Relax-Bereiche, in denen nach einem Meeting entspannt werden kann, kostenlose E-Bikes, um nachhaltig in die Arbeit zu kommen, vegane Kochkurse – es sind keine alltäglichen Benefits, die immer mehr österreichische Unternehmen ihren Mitarbeitern bieten.
Doch gerade in Zeiten, in denen Fachkräfte quer durch alle Branchen händeringend gesucht werden und sich ihre zukünftigen Arbeitgeber teils aussuchen können, sind Zuwendungen jenseits klassischer Aufstiegschancen und Gehaltserhöhungen gefragt.
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Promedico bietet seinen Mitarbeitern Yoga-Stunden an
Das hat man auch bei Promedico, einem europaweit tätigen Hersteller von Mikronährstoffen, erkannt. Das Grazer Unternehmen trägt das BGF-Gütesiegel für Betriebliche Gesundheitsförderung und hat flexibles Mobile Working bereits in seiner Unternehmenskultur verankert, wie Human Resources Leiterin Michaela Weiss berichtet. Dabei steht auch körperliche Gesundheit im Fokus – von Sportkursen über Yoga im Büro bis zur Teilnahme an Sport-Events: „Unser Unternehmen befindet sich im kontinuierlichen, organischen Wachstum. Dafür setzen wir zum einen darauf, unsere Mitarbeitenden langfristig zu halten, zum anderen ist im ,War for Talents‘ die Zufriedenheit des bestehenden Teams auch die beste Werbung nach außen.“ Engagement, das Erfolg zu haben scheint: Auf Kununu, Europas größter Arbeitgeber-Bewertungsplattform, wurde Promedico als „Top Company 2022“ ausgezeichnet. Michaela Weiss: „Durch unser flexibles Mobile Working können wir österreichweit recruiten oder verlieren wertvolle Mitarbeitende nicht, nur weil diese ihren Wohnort wechseln.“
Bei A1 wiederum werden Freizeitaktivitäten gefördert. „Wir bieten unseren Mitarbeitenden“, sagt Personalchef Fred Mahringer, „regelmäßig Gewinnspiele, bei denen sie Karten für Matches unserer Sponsoringpartner gewinnen können. Die rege Teilnahme an den Gewinnspielen zeigt, dass das gut angenommen und wertgeschätzt wird.“ Auch Weiterbildungen im Bereich der Nachhaltigkeit sind in dem Telekommunikationsunternehmen beliebt, etwa die Teilnahme an der Glacier Climate Academy. „Kolleginnen und Kollegen können sich dabei im Klimaschutz weiterbilden und sogenannte Climate Ranger-Kurse belegen“, so Mahringer.
Psychische Gesundheit
Uwe Blümel, Public Relations Leader Ikea Austria, sagt, dass Benefits und Sozialleistungen ein wichtiger Teil der Anerkennung sind. Für Mitarbeiter gibt es deshalb in allen Einrichtungshäusern und Logistikzentren eigene Mitarbeiterrestaurants. „Dort werden frisches Obst, Kaffee und Tee und Platz zum Entspannen geboten. Darüber hinaus bieten wir im Sommer zweiwöchige Kinderbetreuung im Unternehmen an.“ Das schwedische Möbelhaus setzt auch auf psychische Gesundheit: Neben Anti-Stress- und „Gesundes Führen“-Trainings wird ebenso Online- Yoga angeboten.
Zusätzlich können Mitarbeiter und deren Familien kostenlose Lebens-, Sozial- und Finanzberatungen in Anspruch nehmen. „Psychische Ersthelfer in allen Einheiten stehen zur Verfügung oder werden dafür gerade ausgebildet“, so Blümel. Denn im Rahmen der Ikea Sensibilisierungskampagne „R U OK?“ soll Bewusstsein für die Wichtigkeit seelischen Wohlbefindens geschaffen werden. Mit Gesprächsleitfäden, Infomaterialien und Trainings sowie der Thematisierung psychischer Probleme sollen Mitarbeitende ermutigt werden, über Belastungen zu sprechen und Hilfsangebote in Anspruch zu nehmen.
Arbeitsgemeinschaft
Karin Krobath, Partnerin in der Employer Branding Agentur Identifire, betont, dass Benefits wie die 4-Tage-Woche und die Fenstertagsregelung (bei der jeder Fenstertag frei ist) auch kritisch betrachtet werden sollten: „Wir manövrieren uns als Wirtschaftsstandort in die Bedeutungslosigkeit, wenn es immer um Work-Life-Balance geht, statt um gemeinsame Ziele, für die sich Anstrengungen lohnen.“ Die Expertin plädiert dafür, dass viel eher die Arbeitsgemeinschaft, die ein Ziel verfolgt, gestärkt werden soll. „Employer Branding, richtig verstanden, tut genau das: Vermittelt durch Führungskräfte und Managerinnen und Manager können Menschen ihre Arbeitsleistung in einem größeren Zusammenhang und Sinn sehen.“
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Bei Niceshops gibt es u. a. ein Beachvolleyball-Feld
Ein Ziel, das das steirische Onlinehandel-Unternehmen Niceshops mit Büros in Staaz, Wien und Graz verfolgt. Den rund 550 Mitarbeitern werden, je nach Standort, ein Be achvollyeball-Platz, ein Pool und kostenlose Massagen ermöglicht. CEO Christoph Schreiner sagt, dass Benefits wie Kinderbetreuung, kostenloses Frühstück und Mittagessen, geförderte Massagen und flexible Arbeitszeiten „schön und gut sind. Aber das, was letztendlich zählt, ist der Um gang miteinander. Unsere Kolleginnen und Kol legen finden und erkennen einen Sinn in ihrer Arbeit. Dadurch sind sie motiviert und können einen echten Beitrag leisten, der wertgeschätzt wird.“ Denn schlussendlich, betont der Unternehmer, kann mit einem wertschätzenden Umgang ein Arbeitsumfeld in der Gesellschaft viel bewirkt werden, weil „man nach der Arbeit zufriedener und nicht ,zwider‘ nach Hause geht.“
- Sandra Wobrazek